Berlin, 10. April 2025 – Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. (BDE) sieht nach einer ersten Auswertung im Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ von CDU/CSU und SPD wichtige Ansätze für die Stärkung der Kreislaufwirtschaft, mahnt jedoch eine konsequente Umsetzung der angekündigten Maßnahmen an.
Dazu Anja Siegesmund, Geschäftsführende Präsidentin des BDE: „Die aktuellen Herausforderungen sind groß, unser Land verliert an wirtschaftlicher Stärke und unsere Unternehmen brauchen endlich wieder spürbaren Rückenwind im Standortwettbewerb. Jedes Vorhaben in einem Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen, bietet nicht die nötige Planungssicherheit, die unsere Unternehmen jetzt aber dringend brauchen, um Rohstoffe zu sichern und wertvolle Recyclingrohstoffe zu produzieren. Letztendlich muss sich der Koalitionsvertrag daran messen lassen, was sich konkret auf den Höfen unserer Unternehmen verbessert. Dazu gehören in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung wirksame strukturelle Reformen, Bürokratieabbau, das Senken der Energiekosten sowie die Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Koalition hat es in der Hand, einen echten Hochlauf der Kreislaufwirtschaft anzupacken. In den ersten Tagen erwarten wir daher auch, dass im Rahmen des Sondervermögens Green Public Procurement – das heißt bei den versprochenen Leitmärkten für klimafreundliche Produkte ganz konkret der Einsatz von Recyclingrohstoffen – von Anfang an mitgedacht und letztlich auch gemacht wird. So fördert die öffentliche Hand Innovationen und Investitionen und nicht zuletzt die Resilienz des Standorts. Selbst positive Signale für Vorgaben beim Design for Recycling, bei der Herstellerverantwortung, dem pragmatischen Umgang bei der Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) sowie beim verbesserten Erfassen von Batterien benötigen eine zügige Umsetzung.“
Zu Punkten im Koalitionsvertrag, die die Kreislaufwirtschaftsbranche betreffen, eine erste Bewertung des BDE im Einzelnen:
Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS)
Die im Juni 2024 veröffentlichte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) der Bundesregierung wird vom BDE weiterhin als wichtiger Schritt zur Förderung einer zirkulären Wirtschaft in Deutschland gesehen. Die NKWS setzt ambitionierte Ziele, die sowohl die nationalen als auch die europäischen Klimaziele unterstützen. Es ist entscheidend, dass die Strategie konsequent umgesetzt wird, um die Ressourceneffizienz zu steigern und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu reduzieren. Der BDE hebt hervor, dass technologische Innovationen und klare Rahmenbedingungen essenziell sind, um die Kreislaufwirtschaft erfolgreich zu gestalten. Der pragmatische Ansatz im Koalitionsvertrag steht damit im Einklang.
Bürokratieabbau
Der geplante Bürokratieabbau ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die angekündigte Reduzierung der Bürokratiekosten um 25 Prozent kann Unternehmen spürbar entlasten – wenn sie zügig und wirksam umgesetzt wird.
Energiekosten
Eine Senkung der Energiekosten um mindestens 5 Cent pro kWh ist für unsere Branche dringend notwendig. Entscheidend ist jedoch, dass die Entlastung auch tatsächlich in den ersten 100 Tagen spürbar wird. Nur so kann der Standort Deutschland nachhaltig gestärkt werden.
Planungs- und Genehmigungsverfahren
Die deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist aus Sicht des BDE ein zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit der Branche. Das Deutschland-Tempo beim LNG-Terminal darf keine Eintagsfliege sein. Die vorgesehenen Reformen müssen jetzt zügig konkretisiert werden. Nur so können Investitionsbedingungen verbessert und Infrastrukturprojekte schneller realisiert werden. Die angestrebte Digitalisierung und Prozessvereinfachung sind dafür essenziell.
Klarheit im Sondervermögen
Die Regeln für die Mittelvergabe aus dem Sondervermögen sind bislang unklar. Wir fordern verbindliche Vorgaben für Green Public Procurement, um öffentliche Mittel nachhaltig und zielgerichtet einzusetzen. Der Einsatz von Recyclingrohstoffen hat eine strategische Dimension und zahlt vor allem auf die Resilienz des Standorts ein.
Rohstoffsicherheit stärken
Die geplante Einrichtung eines Krisenstabs für Rohstoffsicherheit im künftigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bewertet der BDE als wichtigen Schritt. Maßnahmen zur Stärkung der Recyclingwirtschaft und Nutzung heimischer Rohstoffe sind essenziell für die Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit unseres Industriestandorts.
Recycling und Kreislaufwirtschaft voranbringen
Im Umweltteil des Vertrags finden sich aus Sicht des BDE einige positive Signale: Produktspezifische Rezyklateinsatzquoten und Design-for-Recycling-Vorgaben sind geeignete Instrumente zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Jetzt muss die Umsetzung folgen. Dabei unterstreicht der Verband die Bedeutung technologieneutraler Investitionen: Investitionen in mechanisches wie chemisches Recycling sind zentrale Treiber für eine effiziente Kreislaufführung. Das chemische Recycling kann das mechanische Verfahren sinnvoll ergänzen. Der grundsätzliche Vorrang des mechanischen Recyclings muss jedoch gesetzlich festgeschrieben werden. Wenn beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft alle Farben genutzt werden sollen, ist zudem an orangenen Wasserstoff zu denken – der Herstellung von Wasserstoff aus Abfall.
Batterien und Elektrogeräte im Fokus
Positiv bewertet der BDE die angekündigten Maßnahmen zur Optimierung der Abfallsammlung bei Batterien und Elektrogeräten. Hier spiegeln sich zentrale Forderungen von BDE, bvse und VBS wider – ein wichtiges Signal an die Branche.
Wirtschaftliches Umfeld verbessern
Auch das wirtschaftliche Umfeld soll laut Koalitionsvertrag gestärkt werden. Die geplante Investitionsoffensive – insbesondere die Einführung einer degressiven Abschreibung von 30 Prozent auf Ausrüstungsinvestitionen zwischen 2025 und 2027 – ist ein wichtiger Impuls für neue Dynamik. Weitere Maßnahmen wie die Förderung von Innovationen, Bürokratieabbau, steuerliche Entlastung, Neugründungsförderung sowie eine aktive Außenwirtschaftspolitik zielen darauf ab, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland langfristig zu sichern.
Finanzierung der Transformation sichern
Die vom BDE geforderte Bereitstellung von einer Milliarde Euro jährlich aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) wäre ein zentrales Instrument zur Unterstützung der Branche. Diese Mittel müssen gezielt in Projekte der Kreislaufwirtschaft fließen – als Hebel für die ökologische und industrielle Transformation. Ergänzend zum Rohstoff/Recyclingfonds des Bundes bedarf es der Einrichtung eines Fonds für Kreislaufwirtschaftsprojekte nach dem Vorbild der Niederlande, unterstützt durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und privates Kapital.
Den vollständigen Forderungskatalog vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. (BDE), dem Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) und dem Verband der Bayerischen Entsorgungsunternehmen e.V. (VBS) zur Bundestagswahl finden Sie hier.