Die öffentliche Infrastruktur steht unter hohem Finanzierungsdruck, insbesondere auch in den Kommunen. Investitionsstau, angespannte öffentliche Haushalte und die demografische Entwicklung belasten Städte und Gemeinden unmittelbar. Digitalisierung, Bauen, Energiewende, Kreislaufwirtschaft, Wasserversorgung und ÖPNV erfordern massive Investitionen. Das KFW-Kommunalpanel beziffert den Investitionsrückstand in den Kommunen 2024 auf 215,7 Mrd. Euro – plus 16 % gegenüber dem Vorjahr. Eine aktuelle Studie des KOWID – Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. zeigt auf, wie die Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit der Privatwirtschaft sich positiv auf kommunale Infrastrukturprojekte auswirken kann.
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zur Erbringung der Daseinsvorsorge und zur Erfüllung ihrer Infrastrukturaufgaben hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. So sind beispielsweise die Bevölkerungsstruktur und -entwicklung mitentscheidend für die Finanzierung über Gebühren und Entgelte. Angesichts der angespannten Haushaltslage (Finanzierungssaldo aktuell minus 25 Mrd. Euro) können die Kommunen häufig ihre Aufgaben nicht mehr selbst lösen und sind stark von anderen föderalen Ebenen abhängig.
Als Struktur- und Prozessoptimierung kann der Einbezug privaten Know-hows im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) ein Weg sein, um die Infrastrukturentwicklung voranzubringen. ÖPP-Projekte entlasten nicht nur die öffentliche Verwaltung personell. Sie bieten vor allem die Chance, die Innovationsfähigkeit des privaten Partners zu nutzen, die Qualität der Infrastruktur zu gewährleisten und im Ergebnis eine Kostenersparnis für die öffentliche Hand zu erzielen. Dr. Oliver Rottmann vom KOWID sieht insb. vor dem Hintergrund der geringen Investitionstätigkeit und der angespannten kommunalen Haushaltslage ÖPP als Chance, Leistungen der Daseinsvorsorge (Energie- und Wasserversorgung, Kreislaufwirtschaft oder digitale Infrastruktur) effizient und effektiv zu erbringen.
Für die KOWID-Studie „Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Unternehmen durch ÖPP in der kommunalen Praxis“ wurden Kommunen in ganz Deutschland nach ihren Erfahrungen mit ÖPP-Projekten befragt. Mit steigender Erfahrung – so zeigt die Studie – wächst die Zustimmung in den Kommunen zu ÖPP-Projekten. Je nach Erfahrung sehen Kommunen zahlreiche Chancen in ÖPP durch höhere Effizienz und Ressourcenoptimierung. Auch die Qualität der durch Private erbrachten Dienstleistungen, Innovationen und neue Technologien sowie der Wissens- und Erfahrungsaustausch werden häufig als relevante Faktoren genannt.
Als eher hemmend für ÖPP in der kommunalen Praxis werden die Komplexität der Vertragsgestaltung, das Risiko der Insolvenz privater Akteure, fehlende personelle Kapazitäten für die Betreuung von ÖPP-Projekten sowie politische und gesellschaftliche Vorbehalte bezeichnet, da ÖPP fälschlicherweise häufig mit Privatisierungen verwechselt werden.
Durch professionelles Projektmanagement, die Wahl am Markt etablierter privater Partner und ein hohes Maß an Transparenz lässt sich Kritik am häufigsten begegnen. Thorsten Feldt, Präsidiumsmitglied des BDE – Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V. und Geschäftsführer REMONDIS argumentiert: „Die aktuelle Studie zeigt eindrucksvoll, welch‘ enormes Potenzial in öffentlich-privaten Partnerschaften liegt. Gerade in Zeiten knapper Ressourcen und wachsender ökologischer Herausforderungen ist es entscheidend, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam handeln. Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen: Durch eine partnerschaftliche Kooperation mit zuverlässigen Partnern kann Innovationskraft, Effizienz und am Ende wirtschaftliche Resilienz erzielt werden.“
Als wesentliche Faktoren für eine zielführenden Umsetzung von ÖPP-Projekten werden in der Studie eine vor Projektbeginn sorgfältige Wirtschaftlichkeitsprüfung genannt, eine klare Vertragsgestaltung mit Risikoaufteilung, die Stärkung und Erhalt der kommunalen Steuerung und Kontrolle oder frühzeitig Flexibilisierungspotenziale einzubauen, um Nachsteuerungen zu ermöglichen.
„Als führender Anbieter von Umweltdienstleistungen bestätigt die Studie unsere Erfahrungen aus der Praxis: Öffentlich-private Partnerschaften sind ein bewährtes Instrument, um kommunale Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen und Kommunen für die Zukunft bestens aufzustellen", sagt Anja Krüger, CEO Veolia Wasser Deutschland GmbH. „Dass ÖPP funktioniert, zeigen unsere vielen erfolgreichen Projekte im kommunalen Trink- und Abwasserbereich. Die Kommunen behalten die Kontrolle über Investitionen und Preise, während wir als Partner unser kaufmännisches und technisches Know-how in den Betrieb der Trinkwasser- und Abwasseranlagen einbringen und betriebliche Risiken übernehmen. So können wir gemeinsam Innovationen vorantreiben, Effizienz steigern und gleichzeitig stabile Preise für die Bürger gewährleisten – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten“.
Florian Rentsch, Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und Vorstand des Verbandes der Sparda-Banken erläutert: „Angesichts der angespannten kommunalen Finanz- und Infrastrukturlage gewinnen öffentlich-private Partnerschaften an Bedeutung. Sie können helfen, Investitionsstaus zu lösen, Mittel effizienter einzusetzen und den Menschen vor Ort schneller bessere Leistungen bereitzustellen. Damit dieses Potenzial ausgeschöpft werden kann, braucht es verlässliche Rahmenbedingungen und mehr Handlungsspielraum für die Kommunen. Denn entscheidend ist nicht die Organisationsform, sondern das Ergebnis: eine Infrastruktur, die funktioniert und den Bürgerinnen und Bürgern nützt.“
An der Studie beteiligten sich 92 deutsche Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern. Der Deutsche Städtetag empfahl den Kommunen die Teilnahme an der Studie; sie wurde durch die Partner BDE, BDEW, BDO, Remondis, Veolia, Menold Bezler, EXAVY, KfW, Friedrich-Naumann-Stiftung, Getec Group und Initiative Deutsche Infrastruktur unterstützt.
Die Studie ist unter www.kowid.de sowie über die Websites der Studienpartner kostenlos verfügbar.
KOWID – Kompetenzzentrum Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge e.V. an der Universität Leipzig
Dr. Oliver Rottmann
Geschäftsführender Vorstand
Tel.: 0341-9733583
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