Abfallverbringungsverordnung

Delegierte Rechtsakte zur Verschärfung der Regeln zur Verbringung von E-Schrotten sind seit dem 1. Januar in Kraft.

Am 1. Januar 2025 sind zwei delegierte Rechtsakte (1 und 2) zur Verschärfung der Regeln zur grenzüberschreitenden Verbringung von Elektro- und Elektronikabfällen in Kraft getreten, nachdem sie am 20. Dezember 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurden. Ab sofort gelten damit strengere Vorschriften für die Verbringung sowohl  gefährlicher als auch nicht-gefährlicher elektronischer Abfälle in Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten). Die Verbringung von Elektroschrott in OECD-Drittstaaten erfordert eine vorherige schriftliche Notifizierung und Zustimmung. Für Nicht-OECD-Drittstaaten ist die Verbringung von E-Schrott aus der EU vollständig untersagt.

 

Hintergrund
Die Neuregelungen in den delegierten Rechtsakten der Europäischen Kommission dienen der Umsetzung der Änderungen des Basler Übereinkommens (siehe Europaspiegel Oktober 2024). Da die Neuregelungen aufgrund verschiedener Übergangsfristen sowohl die ehemalige Fassung als auch die überarbeitete neue Fassung der Abfallverbringungsverordnung betreffen, mussten zwei delegierte Rechtsakte veröffentlicht werden.

Das „Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung“ regelt unter anderem den Handel mit Elektroschrott und wurde von 192 Vertragsparteien unterzeichnet, darunter auch die EU. Nach der Revision des Übereinkommens im Jahr 2022 sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verbringung von Elektro- und Elektronikaltgeräten anzupassen. Für die Verbringung innerhalb der EU dürfen aber Sonderregeln festgelegt werden. Von diesem Recht hat die Europäische Kommission mit der Veröffentlichung der delegierten Rechtsakte dahingehend Gebrauch gemacht, dass zwar die Verbringung von Elektroschrott zwischen der EU und Drittländern den verschärften Regeln zur Notifizierungspflicht unterliegen, nicht-gefährlicher Elektroschrott innerhalb der EU hingegen erst ab 2027 dem Notifizierungsverfahren unterliegen soll.

Wesentliche Inhalte
Die konkreten Änderungen beinhalten, dass seit dem 1. Januar 2025 gefährlicher Elektroschrott unter dem Basel-Code A1181 geführt wird. Unter gefährlichem Elektroschrott versteht man Elektroaltgeräte, die entweder Substanzen enthalten, die in Anhang I der Abfallverbringungsverordnung aufgeführt sind oder Eigenschaften aufweisen, die in Anhang III beschrieben sind.

Die derzeitigen EU-Vorschriften für die Verbringung von nicht gefährlichem Elektroschrott innerhalb der EU unter den Einträgen GC010 und GC020 werden bis zum 31. Dezember 2026 beibehalten. Ab dem 1. Januar 2027 ist das Basler Übereinkommen dann vollständig auf die Verbringung von Elektroschrott innerhalb der EU anzuwenden.

Diese Änderungen haben zur Folge, dass ab sofort strengere Vorschriften für die Verbringung sowohl gefährlicher als auch nicht-gefährlicher elektronischer Abfälle in Staaten außerhalb der EU gelten. Die Verbringung von Elektroschrott in OECD-Drittstaaten erfordert eine vorherige schriftliche Notifizierung und Zustimmung der zuständigen Behörden. Für Nicht-OECD-Drittstaaten ist die Verbringung aus der EU vollständig untersagt.

Innerhalb der EU dürfen nicht-gefährliche elektronische Abfälle bis zum 31. Dezember 2026 weiterhin ohne Notifizierung verbracht werden. Diese Übergangsregelung ist an die Einführung eines neuen zentralen Informationssystems gekoppelt, das gemäß Art. 27 der überarbeiteten Abfallverbringungsverordnung ab dem 1. Januar 2027 einsatzbereit sein soll. Ziel dieses digitalen Meldesystems ist es, den bürokratischen Aufwand für grenzüberschreitende Abfallverbringungen zu reduzieren. Die strengeren Regeln innerhalb der EU treten somit erst in Kraft, wenn das System flächendeckend verfügbar ist.

Für gefährliche Elektro- und Elektronikabfälle indes gelten auch für die Verbringung innerhalb der EU verschärfte Vorschriften. So unterliegt die Verbringung gefährlicher Elektro- und Elektronikaltgeräte nun einer vorherigen schriftlichen Notifizierung und Zustimmung der Behörden.

Bewertung
Der BDE betrachtet die Neuregelungen insgesamt kritisch, da sie den EU-Binnenmarkt beeinträchtigen könnten. Zwar ist die Überwachung des grenzüberschreitenden Verkehrs elektronischer Abfälle in Drittstaaten notwendig, um wertvolle Rohstoffe zu sichern und Umweltdumping zu verhindern. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft erfordert jedoch globale Lösungen. Abfälle müssen dorthin verbracht werden können, wo eine hochwertige Verwertung möglich ist und eine Nachfrage besteht. Das kann auch eine Verbringung in Drittstaaten erfordern. Daher geht ein vollständiges Verbot der Verbringung nicht-gefährlicher Elektro- und Elektronikaltgeräte aus der EU in Nicht-OECD-Drittstaaten zu weit. Der Export und die Weiterbehandlung in Anlagen mit EU-vergleichbaren Umweltstandards sollten durch transparente Verfahren ermöglicht werden.

Zwar ist zu begrüßen, dass noch bis zum 1. Januar 2027 weniger strenge Regeln für die Verbringung von Elektroschrott innerhalb der EU gelten. Jedoch müssen Abfallverbringungen grundsätzlich vereinfacht und entbürokratisiert werden, um den EU-Binnenmarkt für Abfälle zu stärken. Behinderungen der Verbringung von verwertbaren Abfällen und insbesondere von in elektronischen Abfällen enthaltenen strategisch wichtigen Rohstoffen stehen sowohl den Zielen des Binnenmarktes als auch dem zentralen Ziel des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft entgegen – und letztlich vor allem auch dem Ziel, die europäische Wirtschaft resilienter und unabhängiger von Rohstoffimporten zu machen. Der Binnenmarkt für Abfälle ist essenziell für die Rohstoffsicherheit – und daher zu recht auch ein zentrales Ziel der EU-Politik in der laufenden Legislaturperiode. Die exponentiell wachsende Nachfrage nach Elektrogeräten in Europa muss zwingend berücksichtigt werden – nicht in jedem Mitgliedstaat sind (genügend) Kapazitäten zur hochwertigen Verwertung von Elektro- und Elektronikaltgeräten vorhanden. Erhöhte Belastungen und Kosten, die mit der erschwerten Verbringung von verwertbaren Abfällen durch Notifizierungen verbunden sind, stehen der Verbringung zu den Anlagen mit den besten Verwertungsoptionen entgegen. Daher ist die Notifizierungspflicht für die Verbringung von Elektro- und Elektronikaltgeräten innerhalb der EU abzulehnen.
 

 

Zeitplan
Die delegierten Rechtsakte zur Verschärfung der Regeln der Verbringung von E-Schrott sind seit dem 1. Januar 2025 in Kraft. Sollte sich an der geltenden Rechtslage nichts mehr ändern, würden auch Verbringungen von nicht-gefährlichem Elektroschrott innerhalb der EU ab dem 1. Januar 2027 dem Notifizierungsverfahren unterliegen.

   

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2025

Michael Iordache

Legal Advisor, Europareferent - Wettbewerb, Binnenmarkt, Steuern und Abfallverbringung