Einwegkunststoffrichtlinie

neuer Entwurf für einen Durchführungsbeschluss zur Berechnung des Rezyklatanteils in Einwegkunststoffgetränke-flaschen vorgelegt

Die Europäische Kommission hat den Mitgliedstaaten am 21. Februar 2025 einen neuen Vorschlag für einen Durchführungsbeschluss zur Einwegkunststoffrichtlinie vorgelegt. Darin wird ein Massebilanzverfahren zur Ermittlung des Rezyklatanteils bei chemisch recycelten Kunststoffen vorgeschlagen.

 

Hintergrund
Die Richtlinie (EU) 2019/904 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (Einwegkunststoffrichtlinie, „Single-Use Plastic Directive“ – SUPD) sieht vor, dass Einwegkunststoffgetränkeflaschen, die innerhalb der EU in Verkehr gebracht werden ab 2025 zu 25%- und ab 2030 zu 30% aus Sekundärrohstoffen bestehen müssen. Die Europäische Kommission wird in der SUPD ermächtigt und beauftragt, einen Durchführungsbeschluss zur Berechnung, Überprüfung und Berichterstattung in Bezug auf den Rezyklatgehalt von Einweggetränkekunststoffflaschen vorzulegen. Der Durchführungsbeschluss muss von den Mitgliedstaaten angenommen werden und wird von der Kommission mit den Mitgliedstaaten im „Waste technical Adaptation Committee“ (TAC) diskutiert. Zur Annahme ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten erforderlich, d.h. es müssen mind. 55% der Mitgliedstaaten (das bedeutet 15 Mitgliedstaaten), die mind. 65% der Bevölkerung der EU repräsentieren, zustimmen. Gibt das TAC mit einer solchen qualifizierten Mehrheit eine befürwortende Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den vorgeschlagenen Durchführungsrechtsakt. Lehnt der Ausschuss den Vorschlag   ab, kann die Kommission, entweder innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung eine geänderte Fassung des Durchführungsrechtsakts vorlegen oder innerhalb eines Monats den Entwurf einem Berufungsausschuss zur weiteren Beratung vorlegen.

Ein Durchführungsbeschluss für die Bewertung des Anteils mechanisch recycelter Kunststoffe wurde bereits im Dezember 2023 erlassen. Art. 7 dieses Durchführungsbeschlusses 2023/2683 verpflichtet die Kommission, bis zum 31. März 2024 eine Änderung dieses Beschlusses vorzulegen, mit der eine Methode zur Berechnung, Überprüfung und Berichterstattung über den Gehalt an recyceltem Kunststoff in Getränkeflaschen festgelegt wird, die zusätzlichen Arten des Recyclings berücksichtigt. Dabei ist in dem neuen Durchführungsbeschluss auch ein Nachweismodell für Prozesse festzulegen, in denen rezykliertes Material mit neuem Material im Input des Prozesses gemischt wird, um letztendlich Kunststoff und möglicherweise andere Produkte herzustellen, und das dazu dient, den relativen Gehalt der rezyklierten Inputs den Outputs zuzuordnen. Das betrifft in erster Linie das chemische Recycling von Kunststoffen.

Beim chemischen Recycling werden die eingebrachten Polymere in ihre Monomere aufgespalten und dann, gemeinsam mit Input aus Primärmaterial, zu neuen Polymeren verarbeitet. Allerdings wird nur ein Teil der hieraus gewonnen Monomere wieder zu Kunststoffen. Der weitaus überwiegende Teil dient zur Herstellung von Brennstoffen, ca. 40-50%. 20-30% werden regelmäßig für die Herstellung anderer Chemikalien verwendet.  Um den genauen Anteil an weiterverarbeiteten Polymeren feststellen zu können, bedarf es eines gesonderten Verfahrens, dem sog. Massebilanzierungsverfahren.   

Erster Entwurf für einen Durchführungsbeschluss – „Polymers only“ Ansatz
Die Europäische Kommission hat einen ersten Entwurf Ende November 2023 vorgelegt und Mitte Dezember 2023 mit den Mitgliedstaaten im TAC besprochen; zusätzlich hat sie schriftlich die Haltung der Mitgliedstaaten zu dem Entwurf abgefragt. In dem Entwurf hatte die Kommission die „polymers-only“-Methode zur Massebilanzierung vorgeschlagen.

Nach der „polymers only“-Methode kann die theoretische Menge an rezykliertem Input (z.B. Pyrolyseöl) auf die Outputs des Herstellungsprozesses („Cracking-Prozess“), die direkt mit der Herstellung von Polymeren verbunden sind, frei verteilt werden. Die anderen bei der Cracking entstehenden Stoffe und der auf sie entfallende Anteil des Rezyklatinputs werden nicht auf die zur Kunststoffproduktion geeigneten Poly-/Monomere angerechnet.

Die Anwendung der Massebilanz sollte dem Entwurf zu Folge nur betriebsstättenbezogen erfolgen, d.h. es sollte keine Bilanzierung über Betriebsstätten hinweg möglich sein, und sie sollte durch unabhängige Dritte verifiziert werden. Zudem sollten die Auswirkungen der „polymers only“-Methode im Hinblick auf die Komplementarität des chemischen Recyclings zum mechanischen Recycling und die Verfügbarkeit geeigneter Input-Abfallströme bis zum 30. Januar 2030 durch die Kommission überprüft werden. Im Erwägungsgrund (14) des Entwurfs wurde der Vorrang des mechanischen Recyclings vor dem chemischen Recycling festgestellt.

Die Verbände der Entsorgungswirtschaft sprachen sich für den „polymers-only“ Ansatz aus. Für diesen Entwurf gab es jedoch im TAC keine qualifizierte Mehrheit, insbesondere das Massebilanzverfahren war umstritten. 18 Mitgliedstaaten haben sich zum Massebilanzverfahren geäußert, davon war eine Mehrheit für die sogenannte „fuel excluded“-Methode.

Zweiter Entwurf für einen Durchführungsbeschluss – „Fuel excluded“ Ansatz
Auf die Ablehnung der Mitgliedstaaten hin hat die Europäische Kommission Mitte Februar 2024 dem TAC einen neuen Entwurf für den Durchführungsbeschluss vorgelegt. Darin schlägt sie die „fuel excluded“-Methode zur Massebilanzierung vor.

Die „fuel excluded“-Methode erlaubt es, einen wesentlich größeren Anteil des Rezyklatinputs den aus dem Prozess gewonnenen (Kunst-)Stoffen zuzuweisen. Nur der auf Brennstoffe entfallende Rezyklatinput wird ausgenommen, die verbleibende theoretische Menge an rezykliertem Inputstoff kann frei auf die verbleibenden Produkte – und damit auch ausschließlich auf die erzeugten Mono- bzw. Polymere – aufgeteilt werden. Der Rezyklatanteil an den erzeugten Kunststoffen kann so höher ausgewiesen werden als tatsächlich Rezyklate.

Des weiteren schlägt die Kommission unter Verweis auf die Verpackungsverordnung eine neue Definition für „post consumer plastic waste“ vor, aus dem die für den Mindestrezyklatanteil zu verwenden Rezyklate gewonnen worden sein müssen. Entgegen der früheren Definition, die nur Abfälle erfasste, die aus in der EU auf den Markt gebrachten Produkten entstanden sind, werden nun auch in Drittstaaten angefallene Abfälle erfasst. Somit können auch Rezyklate aus Drittstaaten für die Erreichung der Mindestrezyklatquoten genutzt werden. Im Übrigen hat die Kommission die Regelungen aus dem ersten Entwurf beibehalten.

Kritik an den Vorschlägen der Europäischen Kommission
Der Vorschlag der Kommission vom Februar 2024 stieß auf Kritik im Europäischen Parlament. Die EU-Abgeordnete Jutta Paulus (Deutschland/Grüne) hatte im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (ENVI) einen Entschließungsantrag eingebracht, der auf die Ablehnung des Durchführungsbeschlusses durch das Parlament zielte. Zwar hat ein solcher Antrag des Parlaments im sog. Komitologieverfahren keine unmittelbare Wirkung für die Kommission; das Parlament kann diese aber auf mögliche Kompetenzüberschreitungen hinweisen. Dem Entschließungsantrag lag unter anderem die Befürchtung zu Grunde, dass durch den Durchführungsrechtsakt und die Festlegung der „fuel excluded“-Methode als Massebilanzverfahren für das chemische Recycling der Vorrang des mechanischen Recyclings gegenüber dem chemischen Recycling untergraben werden könnte. Es wurde die Gefahr gesehen, dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des mechanischen Recyclings, zur Umleitung der Abfallströme in einige wenige (chemische) Recyclinganlagen, d.h. zu einem Oligopol, und zu einem Vertrauensverlust der Verbraucher kommen könnte. Gefordert wurde daher insbesondere, den Anwendungsbereich des chemischen Recyclings auf solche Kunststoffabfälle zu beschränken, für die eine mechanische Aufbereitung nicht möglich ist. Zudem sollte eine zeitnahe Überarbeitung des Rechtsakts, insb. in Bezug auf das anzuwendende Massebilanzverfahren, durchzuführen sein, wenn die Kommission im Zusammenhang mit der PPWR die Nachhaltigkeit und Eignung einzelner Recyclingtechnologien ausgewertet hat. Der Umweltausschuss des Parlaments hat den Entschließungsantrag am 18. April 2024 mit 26 zu 24 Stimmen bei 3 Enthaltungen angenommen, allerdings hat er im Plenum des Europäischen Parlaments keine Mehrheit gefunden und wurde damit im Ergebnis abgelehnt.

Auch von Seiten der Verbände der Entsorgungswirtschaft gab es Kritik am Wortlaut des Beschlussentwurfs aus dem Februar 2024. Insbesondere sahen sie die Gefahr, dass durch eine mögliche Anrechnung nicht verwerteten Inputs auf die Rezyklateinsatzquoten im Rahmen des „fuel-excluded“ Verfahrens sowie durch Billigimporte aus Drittstaaten eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der mechanischen Recycler stattfindet. Die Verbände forderten u.a.:

  • Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Durchführungsbeschlusses auf konkrete chemische Recyclingtechnologien. Für bestimmte Verfahren, wie etwa der Depolymerisation („Plastik-zu-Plastik“) ist eine Massenbilanzierung nicht notwendig.
  • Eine Beschränkung des Massenbilanzverfahrens nur auf eine Stufe der Wertschöpfungskette. Der Beschluss sieht vor, dass ein Massebilanzverfahren auf allen folgenden Stufen des Verarbeitungsprozesses zu „wiederholen“ sei, wenn es einmal durchgeführt wurde. Dies verursacht nach Auffassung der Verbände aber überflüssigen Aufwand, da ein Massebilanzverfahren nur an der Stelle notwendig sei, wo der tatsächliche Anteil an Rezyklaten in einem Produkt nicht beziffert werden kann. Ausreichend sei es daher, wenn Akteure das Ergebnis eines durchgeführten Massebilanzverfahrens entlang der Wertschöpfungskette weitergeben.
  • Eine Aufnahme einer „mirror-clause“ entsprechend der Verpackungsverordnung in den Durchführungsbeschluss: Rezyklate aus Drittstaaten sollten auf dem EU-Markt nur zugelassen werden, wenn sie in Anlagen gewonnen wurden, die den europäischen Standards entsprechen.
  • Eine verbindliche Überarbeitung des Beschlusses, insbesondere eine Aufhebung des „fuel-excluded“-Verfahrens, nach sieben Jahren.


Aktueller Entwurf
Mitte Februar 2025 hat die Europäische Kommission einen neuen Entwurf vorgelegt, der am 21. Februar 2025 im TAC mit den Mitgliedstaaten besprochen wird. Er ähnelt in vielen Punkten dem vorherigen Entwurf, insbesondere wird als Massebilanzmethode weiterhin die „fuel exempt“-Methode vorgeschlagen. Auch sieht der Entwurf weiterhin vor, dass das Massebilanzverfahren auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette durchgeführt werden soll, wenn es einmal zur Anwendung gekommen ist, da nur so jeweils eine konkrete Bestimmung der verarbeiteten Rezyklate sichergestellt werden könne (Erwägungsgrund 4). Außerdem hält der Entwurf an der Definition von „Verbraucherkunststoffabfällen“ (Art. 1 Abs. 1) unter Bezug auf die Definition der Verpackungsverordnung fest.   

Neu eingeführt wird hingegen der Begriff des „eligible material” (zulässiges Material)“, welches nicht nur Kunststoffe erfasst, sondern auch (sonstige) Materialien, die bei dem Recyclingverfahren von Kunststoffen entstehen.  Neu ist auch die Definition einzelner Output-Kategorien; sie umfasst nicht mehr, wie im ursprünglichen Entwurf vorgesehen, nur Kunststoffe, sondern spricht nur noch von „non-fuels” (Nicht-Brennstoffen), Art. 1 Abs. 14 (a). Damit wird nicht mehr zwischen „plastics“ und „other outputs” unterschieden, was eine Gleichbehandlung von erzeugten Kunststoffen und sonstigen Chemikalien zur Konsequenz hätte. In den Beschluss aufgenommen wurde, dem Standpunkt der Verbände entsprechend, aber eine Definition von „Verlusten“, Art. Abs. 14 (d). Diese können nicht in die Massenbilanz einfließen.

Akteure sollen dem Entwurf zu Folge nachweisen können, dass der Anteil an Outputs bei bestimmten verwendbaren Materialien naturgemäß höher ist als der Durchschnitt, wenn sich dies über einen Massenbilanzierungszeitraum von maximal drei Monaten feststellen lässt (Art. 7 Abs. 1 (i)).

Bewertung
Der BDE unterstützt das chemische Recycling ausdrücklich als komplementäre Technik zum Recycling von Kunststoffen, die nicht mechanisch recycelt werden können und bislang thermisch verwertet oder gar deponiert werden. Auch hat sich der BDE zusammen mit dem Verband der Chemischen Industrie VCI und PlasticsEurope Deutschland e.V. in dem gemeinsamen Leitbild zu einer Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen „Kunststoffkreisläufe intelligent schließen“ mit der „fuel excluded“-Massebilanzmethode für einen Übergangszeitraum einverstanden erklärt – jedoch nur in Verbindung mit der rechtsverbindlichen Regelung des Vorrangs des mechanischen Recyclings.

An einer solchen gesetzlichen Vorrangstellung des mechanischen Recyclings fehlt es indes. Leider konnte sich das Europäische Parlament in den Trilogverhandlungen zur PPWR nicht mit seiner Forderung durchsetzen, die Definition der recyclinggerechten Gestaltung („design for recycling“) in Art. 3 PPWR um einen Zusatz zu ergänzen, wonach dem mechanischen Recy-cling der Vorrang bei der recyclinggerechten Gestaltung von Verpackungen zu geben ist.

Der BDE hat die Sorge, dass es ohne eine rechtsverbindliche Vorrangstellung des mechanischen Recyclings mit der Festlegung der „fuel excluded“-Methode zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des mechanischen Recyclings und zu einer Umlenkung von Abfallströmen, die mechanisch recycelt werden könnten, in das chemische Recycling kommen könnte.  Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des mechanischen Recyclings drohen, da es das „fuel excluded“-Massebilanzverfahren erlaubt, den Rezyklatinput anteilsmäßig frei den zur Kunststoffherstellung nutzbaren Poly-/Monomeren zuzuweisen und so die Ausbeute an Recyclingkunststoff hochzurechnen. Die aus dem chemischen Recycling gewonnenen Kunststoffe würden jedoch tatsächlich überwiegend aus (fossilen) Primärstoffen bestehen und hätten eine entsprechende hohe Qualität, weshalb sie von den kunststoffverarbeitenden Betrieben gegenüber mechanisch recycelten Kunststoffen bevorzugt nachgefragt würden.

Darüber hinaus droht eine Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des Recyclings in der EU durch Importe billiger Rezyklate aus Drittstaaten, insbesondere aus Asien, wobei diese Rezyklate deutlich günstiger sind, weil sie entweder unter wesentlich lockereren Umweltschutzbestimmungen und deutlich niedrigeren Energiekosten produziert werden als Rezyklate in der EU, oder weil es sich tatsächlich gar nicht um Rezyklate handelt, sondern um falsch deklarierte Neuware.  Zwar sollen die Regelungen der PPWR in Zukunft auch für Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff gelten, so dass dann auch die Schutzklauseln des Art. 7 Abs. 9 PPWR greifen würden. Jedoch sollen die Regelungen der PPWR erst ab 2030 für Einwegkunststoffflaschen gelten. Daher ist eine entsprechende Schutzklausel in den Durchführungsbeschluss aufzunehmen. Insofern sieht der BDE es – wie der Umweltausschuss des Parlaments – ausgesprochen kritisch, dass der Vorschlag der Kommission für den SUPD-Durchführungsrechtsakt keine Schutzmechanismen vorsieht, wie sie für den Durchführungsrechtsakt zur PPWR vorgesehen sind. Es ist außerordentlich bedauerlich, dass sich solche Schutzmaßnahmen auch im aktuellen Vorschlag der Kommission nicht finden.

Die Einführung des Begriffs „eligible material“ („zulässiges Material“, Art. 1 Abs. 3) im jüngsten Entwurf der Kommission ist aus Sicht des BDE fragwürdig, da sich dahinter Kunststoffabfälle und Zwischenfraktionen aus der Behandlung solcher Abfälle (wie Pyrolyse) verbergen, die gemäß den Vorgaben des Art. 6 Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG zum Abfallende bis zum vollständigen Abschluss des Recyclingprozesses den Status von Abfall haben. Daher sollte dieses Material auch als „zulässiger Abfall“ („eligible waste“) bezeichnet werden, um jegliche Unklarheiten zu beseitigen. Zudem würde so auch deutlich, dass Einrichtungen, die solche Abfälle behandeln, über die entsprechenden Abfallbehandlungsgenehmigungen verfügen müssen.

Ebenso kritisch sieht der Verband die Streichung der Kategorie „Kunststoff“ („plastic“) bei den Outputs (Art. 1, Abs. 14 (a)), die sich noch im vorangegangenen Entwurf des Durchführungsbeschlusses befand, und ihre Ersetzung durch die Kategorie „Nicht-Brennstoff”. Sie ist intransparent. Die Nachvollziehbarkeit des recycelten Kunststoffgehaltes von Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff ist gerade Sinn und Zweck dieses Durchführungsbeschlusses, die Entfernung der Kategorie „Kunststoff“ und die damit einhergehende Intransparenz laufen dem Sinn und Zweck des Durchführungsbeschlusses entgegen. Es sollte vielmehr zwei verschiedene Kategorien, „Kunststoff“ und „Nicht-Brennstoff außer Kunststoff“ (“non-fuel other than plastic“), geben, um die Rückverfolgbarkeit der verschiedenen Materialien und die Übereinstimmung mit der SUPD sicherzustellen.

Die Definition von „Verlusten“ (Art. 1, Abs. 14 (d)) ist derzeit an die Definition von Abfall im Rahmen der Abfallrahmenrichtlinie angepasst. Der BDE ist der Meinung, dass diese Definition erweitert werden sollte, um eine Allokation von Rezyklaten bei Materialien zu verhindern, die keine hochwertigen Anwendungen finden, so dass die Rezyklate im Ergebnis schlecht verwertet werden. Zum Beispiel können im Fall von Pyrolysereaktoren, bei denen der Rohstoff eine Mischung aus Rückständen der Rohölverarbeitung und Kunststoffabfällen ist, viele geringwertige Nebenprodukte entstehen, die nicht für eine Allokation in Frage kommen sollten. Daher schlägt der BDE vor, die Definition von Verlusten zu erweitern, um diese geringwertigen Nebenprodukte einzubeziehen.

Problematisch sind aus Sicht des BDE auch die Regelungen zur Massebilanzierung im neuen Entwurf. Die Ausnahme des Artikel 7 Abs. 1 (i), die es den Betreibern chemischer Recyclinganlagen ermöglicht, zertifizierte Nachweise dafür zu erbringen, dass der Recyclinganteil in bestimmten Outputs höher ist, steht im Widerspruch zum Grundgedanken des Massebilanzverfahrens. Diese Ausnahme geht davon aus, dass es einem betreffenden Betreiber möglich ist, die physische Rückverfolgbarkeit der Rezyklatanteile im Prozess sicherzustellen. Das Massebilanzverfahren dient aber der Ermittlung von Rezyklatanteilen bei Prozessen, bei denen die Rückverfolgbarkeit bzw. der Nachweis des Rezyklatanteils in einem Material gerade nicht möglich ist. Diese Ausnahme sollte daher gestrichen werden.  Zu kritisieren ist aus Sicht des BDE auch, dass die im vorangegangenen Entwurf (Art. 7 Abs. 4) enthaltene klare Voraussetzung, dass eine chemische Rückverfolgbarkeit gegeben sein muss, im aktuellen Entwurf in Art. 7 Abs. 2 nicht mehr so deutlich enthalten ist. Sie stellt indes eine wichtige Absicherung für die Festlegung von Grenzen für die Massenbilanzmethode dar und sollte daher wieder in aller Deutlichkeit in Art. 7 Abs. 2 des aktuellen Entwurfs aufgenommen werden.

Die im neuen Entwurf vorgeschlagene Regelung zur Behandlung von Dual-Use-Produkten bedarf noch einer eingehenden Prüfung. Grundsätzlich sieht der BDE diesbezüglich nach erster Einschätzung folgende Probleme bzw. haben wir folgende Befürchtungen:

Die Dual-Use-Regelung wirkt als aufgeweichte bzw. erweiterte „fuel use exempt“-Methode, da ermöglicht wird, dass Stoffe/Anteile als recycelter Kunststoff deklariert werden dürfen, die nach bisherigem Stand als Brennstoff zu werten waren: In vergangenen Diskussionen wurde „fuel use exempt“ folgendermaßen vorgestellt: Im Steamcracker werden Pyrolyseöle mit Primärnaphta vermischt und es gehen drei Outputfraktionen aus dem Prozess hervor: A – Polymerbausteine, B – Basischemikalien und C – Fuels. A und B sollten frei zu allokieren sein, während C nicht berücksichtigt wird. Im neuen Vorschlag werden A und B als „non-fuels“ zusammengefasst, die Kategorie C bleibt bestehen und eine neue Kategorie D „dual use“ wird eingeführt. Dual-Use sind all die Substanzen, die sowohl zur Kunststoffproduktion als auch zu Fuels weiterverarbeitet werden können. In vorausgegangenen Diskussionen wurde diese Fraktion D immer zur Fraktion C „fuels“ gezählt.

Die Berechnungsmethode der jeweiligen Anteile basiert auf fragwürdigen Parametern, wodurch Anteile, die de facto zu Fuels umgewandelt werden, als Kunststoffrezyklate gewertet werden; das ist als Greenwashing zu betrachten. Die Berechnungsmethode (Annex VI) geht davon aus, dass die Fraktion D in einem weiteren Steamcracker prozessiert wird; hierfür soll der „maximal zulässige Siedepunkt“ des weiterverarbeitenden Steamcrackers ermittelt werden. Ist dieser Siedepunkt nicht zu ermitteln, soll der sehr hohe Siedepunkt von 330 Grad Celsius veranschlagt werden. Es stellt sich die Frage, warum ein konkreter Siedepunkt nicht zu ermitteln sein sollte. Es ist nicht plausibel, dass High-Tech-Anlagen diese Daten nicht liefern können. Ebenso lässt die Methode der Siedepunktermittlung offen, welche Parameter bei den weiteren Verarbeitungsschritten angewendet werden. Diese sind aber wesentlich für die Ermittlung von Brennstoffanteilen (Ethan) und potentiellen Monomeren zur Kunststoffproduktion (Ethylen). Das Cracken von Langketten unter Beimengen von Wasserstoff beispielsweise verändert den Brennstoffanteil deutlich. Der Siedepunkt als Parameter allein reicht also nicht, um die korrekten Anteile zu ermitteln. Die Berechnungsmethode sieht vor, dass lediglich diejenigen Anteile zu den Brennstoffen gezählt werden, die hohe und höchste (330 Grad Celsius) Siedepunkte aufweisen. Bei der Weiterverarbeitung von Dual-Use Outputs mit niedrigem Siedepunkt entstehen aber ebenfalls Brennstoffe, die somit nicht gezählt werden, sondern auf Kunststoffe angerechnet werden.

Nach alledem hofft der BDE daher, dass die Mitgliedstaaten der Auffassung des Parlaments und der Verbände folgen und auch im TAC einen klareren Rahmen für die Massebilanzierung im Hinblick auf das chemische Recycling fordern.

 

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2025

Europareferent für Abfall- und Umweltrecht

Yannick Müller

Europareferent für Abfall- und Umweltrecht