EU-Wettbewerbskompass 2025

Innovation, Dekarbonisierung und wirtschaftliche Resilienz im Fokus

Die Europäische Kommission stellt mit dem EU-Wettbewerbskompass die strategischen Weichen für die wirtschaftliche Zukunft Europas.

 

Hintergrung
Am 29. Januar 2025 präsentierte die Europäische Kommission ihren neuen „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“, der als Leitfaden für die wirtschaftspolitische Ausrichtung der EU in der Legislaturperiode 2024–2029 dient. Ziel ist es, Europa wieder wettbewerbsfähig zu machen. Dabei setzt die Europäische Kommission auf weniger Bürokratie, schnellere Genehmigungsverfahren und eine gezielte Förderung strategischer Industrien.

Wesentlicher Inhalt
Der EU-Wettbewerbskompass 2025 konzentriert sich auf drei Schlüsselprioritäten:

  • Schließen der Innovationslücke: Die EU plant Maßnahmen zur Schließung der technologischen Innovationslücke, vor allem mit Blick auf China und die USA. Dazu gehören insbesondere Verbesserungen bei der Finanzierung von Start-ups und Unternehmensinvestitionen, beispielsweise durch neue Beihilferegeln und die Verteilung von EU-Geldern durch den Wettbewerbsfonds, den Innovation Fund oder die Important Projects of Common European Interest (IPCEIs).
     
  • Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit: Die Umstellung auf klimafreundliche Technologien soll mit wirtschaftlichem Wachstum verbunden werden. Geplant sind unter anderem die Schaffung von Leitmärkten für klimafreundliche Produkte und vereinfachte Investitionsbedingungen. Die Europäische Kommission will weiterhin das Ziel der Klimaneutralität verfolgen und dazu verschiedene Initiativen umsetzen, darunter den Clean Industrial Deal (siehe Artikel in diesem Europaspiegel), den bezahlbare-Energie-Aktionsplan und eine neue Binnenmarktstrategie. Zusätzlich ist ein Aktionsplan für Stahl und Metalle vorgesehen und der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) soll überarbeitet werden, wobei möglicherweise neue Sektoren aufgenommen werden sollen.
     
  • Reduzierung wirtschaftlicher Abhängigkeiten: Zur Verringerung strategischer Abhängigkeiten in Bereichen wie Rohstoffe und Technologien sollen Lieferketten diversifiziert und eigene Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Dazu gehört auch eine Wassersicherheitsstrategie, die Abhängigkeiten in der Wasserversorgung verringern soll.

 

Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist zudem der Abbau bürokratischer Hürden. Die Europäische Kommission plant eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen um 25% sowie einen 35%igen Abbau bürokratischer Vorgaben für KMU und Start-ups. Dazu gehören schnellere Genehmigungsverfahren und eine Vereinfachung bestehender Vorschriften, wie der Taxonomie-Verordnung und dem EU-Lieferkettengesetz. Neben dem Bürokratieabbau soll auch die Koordination zwischen der EU und den Mitgliedstaaten verbessert werden, um eine effizientere Umsetzung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu gewährleisten und einheitliche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU zu schaffen.

Die Europäische Kommission weist im Wettbewerbskompass ausdrücklich auf die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft für Dekarbonisierung, Ressourcenschonung und die Reduzierung von Rohstoffabhängigkeiten hin und sieht Maßnahmen zur Förderung vor. Diese betreffen unter anderem die Wettbewerbsbedingungen für Recyclingmaterialien sowie mögliche Schutzmechanismen für europäische Unternehmen gegenüber Importen aus Drittstaaten. Dazu zählen auch die geplante Revision der Richtlinie für öffentliche Vergabe, um Investitionen gezielt zu steuern, sowie das EU-Kreislaufwirtschaftsgesetz (Circular Economy Act). Letzteres soll verschiedene Aspekte in Form einer sogenannten Omnibus-Regelung, d.h. einer Änderung mehrerer Rechtsakte durch eine Verordnung, regeln. Dazu zählen unter anderem  die Abfallrahmenrichtlinie, die Deponienrichtlinie und die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE-Richtlinie). Diese Initiativen sollen gemeinsam dazu beitragen, den Sekundärrohstoffmarkt zu fördern und Barrieren im Binnenmarkt abzubauen.

Bewertung
Der BDE begrüßt die strategische Neuausrichtung des Wettbewerbskompasses und betrachtet die Initiative der Europäischen Kommission als richtungsweisendes Signal für die wirtschaftliche Zukunft Europas. Die vorgestellten Ziele zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltigem Wachstum, technologischer Innovation und wirtschaftlicher Resilienz bieten einen vielversprechenden Ansatz, um Europas Position in der globalen Wettbewerbslandschaft zu stärken. Der BDE unterstützt viele der vorgeschlagenen Maßnahmen, insbesondere die geplanten Reduzierungen von Bürokratie und die Förderung von Innovationen, da diese insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen zugutekommen dürften. Besonders positiv bewertet der BDE die geplanten Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und zur Vereinfachung regulatorischer Vorgaben. Der Bürokratieabbau ist ein entscheidender Schritt, der für den Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, dringend notwendig ist. Der BDE fordert jedoch auch die Bundesregierung sowie die Länderregierungen auf, beim Bürokratieabbau entschlossen mitzuwirken, um eine möglichst effiziente Umsetzung zu gewährleisten.

Ein zentrales Anliegen des BDE bleibt die kurzfristige Unterstützung der Kreislaufwirtschaft, die im Wettbewerbskompass zwar ausdrücklich genannt und berücksichtigt wird, aber nicht in dem Maße zur Geltung kommt, wie es ihrer Rolle gerecht würde. Die Kreislaufwirtschaft spielt eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung, der Ressourcenschonung und der Reduzierung der Abhängigkeit von Rohstoffen aus Drittstaaten. Insbesondere die Recyclingindustrie in der EU benötigt stärkere Unterstützung und klare Rahmenbedingungen, um konkurrenzfähig gegenüber der Primärstoffindustrie und Wettbewerbern aus Drittstaaten, die von niedrigen Energiekosten und Umweltstandards profitieren, zu bleiben. Ohne eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen und ohne die Reduzierung der Produktionskosten für Rezyklate wird die europäische Recyclingwirtschaft weiterhin hinter der Primärstoffproduktion zurückbleiben und droht, durch billige Kunststoffrezyklate aus Drittstaaten vom Markt verdrängt zu werden.  Daher fordert der BDE die Europäische Kommission dringend auf, kurzfristig geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Recyclingunternehmen zu sichern und die Umweltstandards zu wahren.

Ein weiterer wichtiger Punkt für den BDE ist die zügige Umsetzung geplanter Gesetzesinitiativen. Der Verband fordert, dass zentrale Vorhaben wie das EU-Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Überarbeitung der Richtlinie zur öffentlichen Beschaffung nicht auf spätere Jahre verschoben werden. Verzögerungen bei der Gesetzgebung würden den Fortschritt bei der Erreichung der Klimaziele sowie der Wettbewerbsfähigkeit der EU gefährden.

Insgesamt betrachtet der BDE die geplante Strategie als vielversprechend, fordert jedoch eine stärkere Berücksichtigung der Kreislaufwirtschaft in der wirtschaftspolitischen Agenda der EU.

 

   

Zeitplan
• Vorstellung des EU-Wettbewerbskompasses: 29. Januar 2025
• Umsetzung strategischer Maßnahmen: 2025–2029

   

Download BDE/VOEB Europaspiegel Februar 2025

Marlena Mazura

Europareferentin für Abfall-, Umwelt- und Energiepolitik