Hintergrund
Die Verpackungsverordnung war eines der großen Gesetzesvorhaben der letzten Legislatur. Sie ist seit dem 11. Februar 2025 in Kraft und gilt unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU ab dem 12. August 2026. Die Verordnung wird weitreichende Konsequenzen für Hersteller, Importeure und Vertreiber von Verpackungen haben sowie auch für Verbraucher. Die konkreten Anforderungen, beispielsweise die Berechnung und Quoten von Rezyklaten, werden aber erst in Form delegierter Rechtsakte geregelt werden, deren Erlass teilweise bis ins Jahr 2030 hineinreicht.
Der Entwurf der Kommission stammt vom 30. Oktober 2022. Eine vorläufige Einigung in Parlament und Rat konnte am 04. März 2024 erzielt werden (siehe Europaspiegel Februar/Mai 2024). Für Akteure und Verbände ist nunmehr wichtig, den Fokus auf die kommenden delegierten Rechtsakte zu richten, deren Frist zur Veröffentlichung in der Verordnung verbindlich vorgeschrieben ist.
Wesentliche Inhalte und delegierte Rechtsakte
Anforderungen an Stoffe in Verpackungen (Art. 5)
Besorgniserregende Stoffe in Verpackungen sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Summe aus Blei, Cadmium Quecksilber und sechswertigem Chrom darf 100 mg/kg nicht überschreiten. Die Kommission prüft bis zum 31. Dezember 2026, ob die Wiederverwendung besorgniserregender Stoffe Auswirkungen auf das Recycling hat. Für PFAS gilt ab dem 12. August 2026 ein Verbot des Inverkehrbringens.
Recyclingfähige Verpackungen (Art. 6)
Als „recyclingfähig“ im Sinne der Verordnung gelten Verpackungen, die sich:
Letzteres ist der Fall, wenn sich mindestens 55% des Bedarfs einer Rohstoffkategorie aus Rezyklaten gewinnen lassen. Konkrete Schwellenwerte für einzelne Rohstoffarten werden bis zum 1. Januar 2030 festgelegt (Abs. 5).
Was die Verwendbarkeit als wiederverwertbare Rezyklaten betrifft, sind in Anhang II Tabelle 4 der Verordnung konkrete „Leistungsstufen“ festgelegt, denen sich einzelne Verpackungsarten zuordnen lassen, wobei die konkrete Bewertungsmethode auch hier bis zum 1. Januar 2028 durch delegierten Rechtsakt zu bestimmen ist (Abs. 4). Konkret gibt es folgende Leistungsstufen:
Verpackungen der Stufe C dürfen ab dem 1. Januar 2038 nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
Mindestrezyklateinsatz in Kunststoffverpackungen (Art. 7)
An den verbindlichen Mindestrezyklateinsatzquoten ab 2030 hat sich seit dem Kommissionsentwurf nichts geändert. Verpackungen müssen folgenden Mindestanteil an Sekundärrohstoffen aufweisen:
Die konkrete Methode zur Berechnung des Rezyklatanteils soll bis zum 31. Dezember 2026 per Durchführungsrechtsakt festgelegt werden (Abs. 8). In dem Zusammenhang bewertet die Kommission auch die wirtschaftliche und ökologische Leistungsfähigkeit einzelner Recyclingtechnologien u.a. in Bezug auf CO2-Emissionen, Energieverbrauch sowie letztlich die Qualität des Outputs.
Mögliche Ausnahmen von den Einsatzquoten können bis zum 1. Januar 2028 ebenfalls per delegiertem Rechtsakt festgelegt werden (Abs. 12). Dies soll aber nur in „schwerwiegenden Ausnahmefällen“ möglich sein, nachdem der BDE und weitere Verbände der Entsorgungswirtschaft Bedenken hinsichtlich der ursprünglichen Gesetzesfassung geäußert haben, nach welchen eine Ausnahme bereits dann möglich gewesen wäre, wenn Rezyklate nur zu übermäßigen Preisen auf dem Markt verfügbar gewesen wären.
Besonders wichtig war die Aufnahme einer sog. „mirror-clause“ in den Gesetzestext. Dadurch können Rezyklate aus Drittstaaten auf dem EU-Markt nur zugelassen werden, wenn vorher ein Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit mit europäischen Standards durchgeführt wurde. Für das Verfahren wird ein Durchführungsrechtsakt bis zum 31. Dezember 2026 erlassen (Abs. 10).
Bis zum 12. Februar 2028 wird die Kommission zudem eine sog. Umweltverträglichkeitsprüfung für biobasierte Kunststoffe (Art.8) durchführen und gegebenenfalls einen Gesetzesvorschlag für einen Mindesteinsatz dieser Kunststoffe, entsprechend den Rezyklateinsatzquoten, vorlegen. Eventuell soll sogar eine Anrechnung für Rezyklate möglich sein, was aus Sicht des BDE jedoch abzulehnen ist.
Kennzeichnung von Verpackungen (Art. 12 & 13)
Verpackungen und Abfallbehälter werden künftig mit Piktogrammen und teilweise auch QR-Codes (bei wiederverwendbaren Verpackungen) gekennzeichnet werden müssen, die Verbrauchern die recycling-gerechte Entsorgung erleichtern soll. Entsprechende Durchführungsrechtsakte, welche die einzelnen Kennzeichnungspflichten regeln, folgen bis spätestens zum 12. August 2026 für Abfallbehälter (Art. 13 Abs. 2) sowie zum 12. August 2028 für die Verpackungen selbst (Art. 12 Abs. 6). Zudem folgt bis zum 1. Januar 2030 ein Durchführungsrechtsakt, der die Kennzeichnung besorgniserregender Stoffe regeln wird.
Wiederverwendungsquoten und Sammelsysteme
Für Transportverpackungen, also insbesondere Verpackungen aus dem B2B-Bereich, gilt ab 2030 eine Wiederverwendungsquote von 40%, ab 2040 dann von 70%. Für Transportverpackungen, die innerhalb desselben Unternehmens gehandhabt werden, gilt sogar eine Wiederverwendungsquote von 100%. Dies wird ab dem 12. August 2026 verbindlich gelten (Art. 29).
Außerdem müssen die Mitgliedstaaten bis zum 1. Januar 2029 verbindliche Rücknahme- und Sammelsysteme für Verbraucherverpackungen, sowie entsprechende Pfandsysteme für Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff von bis zu 3 l einrichten (Art. 48 – 50). Für letztere gilt dann eine Getrenntsammlungsquote von 90%. Außerdem geht mit den Rücknahmesystemen ein Verbot zur Deponierung von Verbraucherverpackungsabfällen einher.
Recyclingziele und Förderung des Recyclings (Art. 52)
Die Mitgliedstaaten müssen die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung folgender Recyclingquoten veranlassen:
Es handelt sich dabei um dieselben Quoten, die bereits in der Verpackungsrichtlinie im Jahr 2018 festgelegt wurden.
Ausblick
Verbindliche Maßnahmen der Europäischen Kommission auf Grundlage der Verpackungsverordnung können erst mit deren Geltung ab dem 12. August 2026 angeordnet werden. Dazu zählen auch und insbesondere die kommenden delegierten Rechtsakte, welche die konkreten Anforderungen für das Recycling und die Wiederverwertung regeln. Die Kommission ist hierzu auch auf das Feedback der Mitgliedstaaten angewiesen.
Zeitplan